Landtag debattiert über Vorgehen gegen Armut

Potsdam, 20. Juni 2024. Der Landtag hat in seiner letzten Aktuellen Stunde der laufenden Legislaturperiode über Armut und Armutsbekämpfung in Brandenburg debattiert. Das Thema wurde turnusgemäß von der Fraktion Die Linke beantragt.

Deren Vorsitzender Sebastian Walter warf der Landesregierung Passivität im Kampf gegen Armut vor. Seit 2019 sei Brandenburg hier „nicht einen einzigen Schritt weitergekommen“, die Menschen hätten weniger Geld im Portmonee als vor fünf Jahren. Jeder fünfte Mensch sei von Armut betroffen. Während die Armutsquote bundesweit sinke, wachse sie im Land: „Das ist ein Skandal“, sagte Walter. Vor allem die Altersarmut nehme massiv zu. Nötig zur Bekämpfung von Armut seien höhere Mindestlöhne und mehr staatliche Anstrengungen: „Geld ist da.“ Für die SPD-Fraktion widersprach der Abgeordnete Günter Baaske schon der Bestandsaufnahme. Laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands habe Brandenburg im Bundesvergleich die Armutsquote erfolgreich verringert. Mehr Sozialleistungen seien nicht die Lösung. Nötig sei etwa „eine klügere Familienpolitik“. Baaske schlug vor, das Kindergeld einzufrieren und nach dem Vorbild nordischer Länder mehr Mittel für Kindergärten, Schulen oder Kulturteilhabe einzusetzen. Zudem gelte: „Hohe Löhne gehen nur mit einer besseren Industriepolitik.“

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Christoph Berndt sagte, Deutschland habe den Sozialstaat am stärksten ausgebaut und sei so attraktiv für Zuwanderer. „Deshalb darf es nicht überraschen, dass die Armut tendenziell zunimmt.“ Der Linkspartei unterstellte Berndt einen „Gleichheitswahn“, der „zu langfristiger Verarmung Deutschlands“ führe. Ebenso bedeute die sozialökologische Transformation zum Klimaschutz „Armut und Entmündigung“. Der wichtigste Beitrag im Kampf gegen Armut sei es, den „Glauben an die eigene Kraft“ und die Zukunft des Landes wieder herzustellen. In einer anschließenden Kurzintervention sagte Linken-Fraktionschef Walter, Berndt habe sich demaskiert: „Die AfD ist nichts anderes als eine Partei für die Reichen.“ Der AfD-Fraktionsvorsitzende antwortete, seine Partei vertrete „die Fleißigen im Land“. Als Rednerin für die CDU-Fraktion betonte die Abgeordnete Roswitha Schier, wichtig für die Armutseindämmung sei „eine wirtschaftsfreundliche Region mit Firmen, die gute Löhne zahlen“. Zwar seien auch die Hilfen für einkommensschwache Familien „richtig und wichtig und leider noch nicht überall bekannt“. Aber in erster Linie seien die Eltern für ihre Familien verantwortlich. Fürsorge und Erziehung müsse das Elternhaus leisten. „Wir brauchen eine gute Bildung und Ausbildung, das ist die Grundlage“, so Schier.

Der Abgeordnete Matthias Stefke von der Gruppe BVB / FREIE WÄHLER unterstrich, es sollte alle umtreiben, wie Armut in Brandenburg abgebaut werden kann: Es sei Aufgabe von Politik, „sich auch um diejenigen zu kümmern, die auf der Schattenseite stehen“. Die Freien Wähler stünden zu einem fürsorgenden Sozialstaat, sagte Stefke, mahnte aber zu „Maß und Mitte“. Er forderte auch stärkere Maßnahmen gegen einen Missbrauch staatlicher Fürsorge: Für diese Personen müsse „die soziale Hängematte straffgezogen werden“. Der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, Benjamin Raschke, sagte: „Niemand soll in Brandenburg in Armut leben müssen“, denn Deutschland sei eines der reichsten Länder der Erde. Wegen der Krisen hätten viele Menschen real weniger in der Tasche und machten sich große Sorgen. „Wir nehmen das nicht hin, denn Armut ist kein Naturgesetz“, sagte Raschke. So sei die Ausbildungsförderung für junge Menschen erhöht worden, in Brandenburg gebe es mit dem Vergabegesetz einen Mindestlohn für öffentliche Aufträgen, und: „Wir stemmen uns gegen Altersarmut.“

Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher sprach in der Aktuellen Stunde für die Landesregierung. Brandenburg liege im bundesweiten Vergleich nach wie vor „auf einem der vorderen Plätze“ bei der Armutsbekämpfung, sagte sie. Die Armutsquote gehe seit Jahren zurück.

Wer unsauber mit statistischen Daten umgehe, „trägt in diesen unsteten Zeiten zur Verunsicherung in der Bevölkerung bei“, betonte sie. Als einen „Pfeiler der Armutsprävention“ nannte die Ministerin die Familienzentren. Sie trügen dazu bei, Kinderarmut zurückzudrängen. Auch die sozialen Beratungsstrukturen seien gesichert und gestärkt worden, zumal in der Corona-Krise.

Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion Die Linke am 20.06.2024
Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion Die Linke am 20.06.2024
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