Rechte und Pflichten der Abgeordneten
Der Landtag als Verfassungsorgan setzt sich aus seinen Mitgliedern, den Abgeordneten, zusammen. Ein Mitglied des Landtages hat ein sogenanntes Abgeordnetenmandat inne. Die Abgeordneten erlangen ihr Mandat durch die Wahl zum Landtag. Als Mandat wird das Bündel der Rechte und Pflichte bezeichnet, das die Stellung als Abgeordnete oder Abgeordneter ausmacht. Die Landesverfassung legt in Art. 56 bis 61 fest, welche Rechte und Pflichten dies sind.
Das Mandat ist ein „freies“ Mandat. Jede und jeder einzelne Abgeordnete vertritt „das ganzen Volkes des Landes Brandenburg“, das heißt, er oder sie ist nicht einem Wahlkreis, einer Partei oder einer Bevölkerungsgruppe, sondern dem ganzen Landesvolk gegenüber politisch verantwortlich. Niemand darf die einzelnen Abgeordneten zwingen, gegen ihr Gewissen oder ihre Überzeugung zu handeln. Die einzelnen Abgeordneten sind an keine Aufträge gebunden und unterstehen keinen Weisungen, auch nicht den Weisungen oder Beschlüssen der Partei oder der Fraktion, der sie angehören. Die politische Verantwortung der Abgeordneten verpflichtet diese nicht, konkrete Aufträge der Wählerinnen und Wähler ihres Wahlkreises zu erfüllen oder zu befolgen.
Alle Abgeordnete sind gleichermaßen berufen, an der Arbeit des Landtages teilzunehmen. Diese formelle Gleichheit aller Abgeordneten stellt eine wichtige Grundregel für die Arbeit des Landtages dar. Die parlamentarischen Abläufe im Landtag in seinen Einzelheiten regelt die Geschäftsordnung des Landtages, wobei im Sinne einer effizienten Aufgabenerledigung den einzelnen Abgeordneten auch Vorgaben für die Wahrnehmung ihrer Rechte gemacht werden können und ihnen Regeln auferlegt werden. Abgesehen davon stehen allen Abgeordneten die gleichen Rechte und Kompetenzen zu, unabhängig das Mandat über eine Landesliste oder als Direktkandidatin oder Direktkandidat errungen hat.
Rechte der Abgeordneten
Die oder der Abgeordnete hat das Recht, an den Sitzungen des Plenums und den Ausschüssen, teilzunehmen. An einer Ausschusssitzung kann sie oder er auch dann teilnehmen (ohne Stimmrecht), wenn sie oder er dem Ausschuss nicht angehört, sofern nicht der Ausschuss einen besonderen Geheimhaltungsbeschluss für diese Sitzung fasst.
Alle Abgeordneten sind berechtigt, im Plenum und in den Ausschüssen, denen sie angehören, das Wort zu ergreifen. Um einen geordneten Beratungsablauf und die Arbeitsfähigkeit des Plenums und seiner Ausschüsse sicherzustellen, stellt die Geschäftsordnung verschiedene Regeln der Wahrnehmung des Rederechts auf. Grundsätzlich dürfen Abgeordnete im Plenum oder im Ausschuss nur sprechen, wenn sie sich zu Wort gemeldet hat und ihnen jeweils das Wort von der Sitzungsleitung im Plenum oder im Ausschuss erteilt wurde. Insbesondere die Redezeit für einzelne Tagesordnungspunkte in der Plenarsitzung wird nach einem in der Geschäftsordnung festgelegten Regelsystem vom Präsidium zwischen den Fraktionen aufgeteilt; die Fraktionen wiederum bestimmen, wer für sie im Plenum zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt spricht.
Die einzelnen Abgeordneten können sich jederzeit mit Zwischenfragen und Zwischenrufen in die Debatte einbringen. Während der Rede muss die Würde und Ordnung des Parlaments beachten werden. Geschieht dies nicht, kann die Sitzungsleitung das Wort entziehen oder gar – bei einem gröblichen Verstoß gegen die Ordnung – die betreffende Person des Sitzungssaals verweisen.
Im Ausschuss haben nur die jeweiligen Ausschussmitglieder oder ihre Vertretung Rederecht. Andere Abgeordnete können das Rederecht beantragen, sofern von ihnen gestellte Anträge behandelt werden.
Die oder der Abgeordnete hat das Recht, sich an den Wahlen und Abstimmungen im Plenum und den Ausschüssen, denen sie oder er angehört, zu beteiligen. Dieses Recht kann grundsätzlich nicht beschränkt werden. Auch bei Entscheidungen in eigener Sache kann der Abgeordnete mit abstimmen. So ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Abgeordneten in Form eines Beschlusses über das Abgeordnetengesetz die Höhe ihrer Entschädigung selbst festlegen.
Im Landtag Brandenburg wird in ständiger parlamentarischer Praxis durch Handheben abgestimmt. Sofern eine Fraktion oder ein Fünftel der Abgeordneten dies verlangt, wird namentlich abstimmt. Dafür werden die Abgeordneten von der Präsidentin einzeln mit Namen aufgerufen und müssen dann mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ antworten.
Mit dem Antragsrecht bringen sich die einzelne Abgeordnete gestaltend in den parlamentarischen Prozess ein. Der parlamentarische Willensbildungsprozess wiederum wird maßgeblich durch die Anträge, die die Abgeordneten einzeln oder zusammen mit anderen (insbesondere als Fraktion) im Plenum und in den Ausschüssen stellen, bestimmt. Die öffentliche parlamentarische Debatte folgt den von den Antragsberechtigten gestellten Anträgen.
Besonders hervorhebenswert ist hierbei, dass (auch) die oder der einzelne Abgeordnete im Landtag Brandenburg einen Gesetzentwurf einbringen kann. In den meisten anderen Landtagen und im Bundestag muss sie oder er sich für einen solchen Antrag mit einer in der jeweiligen Geschäftsordnung bestimmten Zahl von anderen Abgeordneten zusammenschließen. Zu den weiteren sogenannten Sachanträgen, die die oder der Abgeordnete stellen kann, gehören z. B. der Entschließungsantrag (politische Willensbildung des Landtages zu einem bestimmten Thema), die kleine (schriftliche) und die sog. mündliche Anfrage.
Die Abgeordneten haben ein Frage- und Informationsrecht gegenüber der Landesregierung, dass sie durch schriftliche Anfragen und mündliche Anfragen im Plenum und im Ausschuss geltend machen können. Die Geschäftsordnung regelt hierzu Genaueres.
Die Abgeordneten haben ein in der Verfassung verankertes Recht, Einsicht in Akten und sonstige Unterlagen (auch in elektronischer Form) zu nehmen, die sich im Verfügungsbereich der Landesregierung und der Landesverwaltung befinden. Dieses Recht dient dazu, den Abgeordneten die Mitwirkung an der dem Parlament obliegenden Kontrolle der Landesregierung zu ermöglichen. Will der oder die Abgeordnete zu einem bestimmten Thema oder Vorgang Akten vorgelegt bekommen, beantragt sie oder er dies bei der Landesregierung. Das zuständige Ressort führt die Auskunftserteilung oder die Akteneinsicht in Absprache mit der oder dem Abgeordneten und mit der aktenführenden Stelle durch.
Die einzelnen Abgeordnete können aufgrund ihres verfassungsrechtlich verbrieften Zutrittsrechts auch alle Dienststellen des Landes persönlich aufsuchen und sich ein Bild vor Ort machen.
Die Abgeordneten haben das Recht, sich zu Fraktionen und Gruppen zusammenzuschließen (Assoziierungsrecht). Dies ergibt sich nach der Landesverfassung aus dem den einzelnen Abgeordneten gewährleisteten Recht auf ein freies Mandat in Verbindung mit Art. 67 LV, der den Fraktionen im Landtag eine eigenständige Rechtstellung gewährt. Auch dieses Recht wird jedoch durch die Regeln des Fraktionsgesetzes und der Geschäftsordnung ausgestaltet und auch eingeschränkt (z. B. Mindestmitgliederzahl von fünf Abgeordneten für die Bildung einer Fraktion, Mindestmitgliederzahl von drei Abgeordneten für die Bildung einer Gruppe).
Pflichten der Abgeordneten
Die Abgeordneten haben die Pflicht, an den Sitzungen derjenigen Ausschüsse und Gremien teilzunehmen, in denen sie Mitglied sind. Aus der Pflicht, an den Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse teilzunehmen, folgt auch die Pflicht der Abgeordneten, der Präsidentin oder dem Präsidenten möglichst vor Sitzungsbeginn mitzuteilen, wenn sie infolge Krankheit oder aus sonstigen dringenden Gründen verhindert sind (§ 3 GOLT).
Die Abgeordneten haben sich in der Geschäftsordnung spezielle Regeln gegeben, die dazu dienen, die parlamentarische Ordnung Würde zu wahren (Abschnitt 7 der GOLT, §§ 33 ff.). So ist die parlamentarische Debatte beispielsweise in einer sprachlichen Form zu führen, die der Würde des Parlaments angemessen ist. Andernfalls kann die Sitzungsleitung der Rednerin oder dem Redner das Wort entziehen. Andere Störungen der Sitzungen kann die Sitzungsleitung damit sanktionieren, dass sie die störende Person des Plenarsaales verweist.
Nach einer althergebrachten, ungeschriebenen Regel darf der Plenarsaal grundsätzlich nur den Abgeordneten für die Plenarsitzungen zur Verfügung steht. Die Abgeordnetenplätze werden ausschließlich von den Abgeordneten eingenommen, nicht etwa von Mitarbeitern oder Pressevertreter/innen (für die Presse und die Zuhörer gibt es eigene Plätze auf den Tribünen des Saales). Während der Corona-Pandemie wird der Plenarsaal vermehrt auch für andere Veranstaltungen und zur Verfügung gestellt.
Das Abgeordnetengesetz erlegt dem einzelnen Abgeordneten auf, sowohl seine früher ausgeübten Berufe als auch seine aktuell wahrgenommenen Tätigkeiten transparent zu machen, seien sie vergütet oder ehrenamtlich. Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich auf diese Weise im Hinblick auf mögliche Interessen und Verbindungen des Abgeordneten orientieren können. Weitere Informationen sind hier zu finden.
Von Rechts wegen dürfen Beamte/Beamtinnen, Richter/innen, Staatsanwälte/-anwältinnen und Soldaten/Soldatinnen nur dann Mitglied des Landtages sein, wenn ihre Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis ruhen. Entsprechendes gilt für Angestellte juristischer Personen des öffentlichen Rechts und leitende Angestellte von Unternehmen, bei denen juristische Personen des öffentlichen Rechts mehr als 50 % des Kapitals halten (sog. Inkompatibilität).
Sicherung des Mandats
Damit die Abgeordneten ihr Mandat tatsächlich unabhängig und im Sinne eines freien Mandats wahrnehmen können, erhalten sie eine angemessene finanzielle Absicherung (insbesondere Entschädigung). Was ihre parlamentarische Tätigkeit betrifft, sind sie in besonderer Weise vor Strafverfolgung geschützt (Immunitätsherstellung und Indemnität) und können in Bezug hierauf ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend machen.
Nach Art. 60 der Landesverfassung haben die Abgeordneten Anspruch auf eine ihrer Verantwortung entsprechende und ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Das Nähere wird im Abgeordnetengesetz geregelt. Mit dem Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes von 2013 orientiert sich die Entschädigung grundsätzlich an der Besoldung eines kommunalen Wahlbeamten (hauptberufliche/r Bürgermeister/in) für eine Stadt einer Größe zwischen 25.000 mit 40.000 Einwohner/innen. Die Entschädigung setzt sich aus einem auszuzahlenden Teil und aus einem Beitrag an das Versorgungswerk der Landtage Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Baden-Württemberg zusammen. Sie wird entsprechend den gesetzlichen Vorgaben jährlich entsprechend der Einkommensentwicklung in Brandenburg und des Verbraucherpreisindexes angepasst. (Das Versorgungswerk der Landtage zahlt aus den in der Mandatszeit eingezahlten Beiträgen dem Abgeordneten mit dem Eintritt ins Rentenalter eine Rente aus.) Daneben können sich die Abgeordneten jeweils bis zu einem bestimmten Höchstbetrag Aufwendungen erstatten lassen, die sich aus ihrer Mandatstätigkeit ergeben. Als Sachausstattung erhalten sie insbesondere die Möglichkeit der Nutzung eines Abgeordnetenbüros im Landtagsgebäude und eine persönliche IT-Ausstattung.
Die Entschädigung für Abgeordnete des Landtages Brandenburg beträgt ab dem 1. Januar 2024 monatlich 9.293,59 Euro. Zusätzlich werden 2067,01 Euro an das Versorgungswerk überwiesen. Die Präsidentin und die Fraktionsvorsitzenden erhalten eine Amtszulage in Höhe von 70 % der Entschädigung, die Vizepräsidenten und die parlamentarischen Geschäftsführer erhalten eine Amtszulage in Höhe von 35 %.
Darüber hinaus stehen den Abgeordneten zum Beispiel folgende Erstattungsansprüche zu:
Erstattungsanspruch |
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Höhe der Leistung |
Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeiter(inne)n (Lohn und Gehalt) |
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maximal in Höhe des 1 ½ -Fachen der Entgeltgruppe 13 Stufe 3 TV-L monatlich (also im Jahr 2024: 7122,81 € monatlich) |
Aufwendung für den Einsatz von Praktikantinnen oder Praktikanten (Praktikantenvergütung) |
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maximal 2400 € jährlich |
Mietkosten für das Wahlkreisbüro |
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maximal 1000 € monatlich |
Aufwendungen für die Ausstattung des Wahlkreisbüros |
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maximal 2000 - 3500 € in der Wahlperiode |
Maßnahmen zur Barrierefreiheit des Büros |
10 000 € in der Wahlperiode |
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Fahrten zu Pflichtsitzungen des Landtages |
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Pkw: 30 Cent je gefahrenen Kilometer |
Übernachtungskosten anlässlich von Pflichtsitzungen |
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75 € je Übernachtung |
Zuschuss für einen Zweitwohnsitz am Sitz des Landtages (alternativ zur Erstattung von Übernachtungskosten) |
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maximal 250 € monatlich |
Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung |
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grundsätzlich in Höhe des halben Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages |
Mandatsbedingte Reisen außerhalb Brandenburgs (Zustimmung von Präsident/in erforderlich) |
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analog der beamtenrechtlichen Reisekostenregelung |
Der Landtag kann für ein einzelnes Mitglied, das der Strafverfolgung ausgesetzt ist, beschließen, die sogenannte Immunität herzustellen, wenn diese Strafverfolgungsmaßnahme die parlamentarische Arbeit des Landtags beeinträchtigt. Sofern er dies tut, müssen die Strafverfolgungsbehörden die Strafverfolgung gegenüber dem betroffenen Abgeordneten aussetzen. Anders als in anderen Parlamenten der Bundesrepublik stellt der Landtag die Immunität im Einzelfall erst her. Eine vorab bestehende Immunität aller Abgeordneten, die erst auf Ersuchen der Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall aufgehoben wird, gibt es in Brandenburg nicht.
Die sogenannte Indemnität (Freistellung von strafrechtlicher und zivilrechtlicher Verfolgung) schützt das Recht der Abgeordneten auf freie Rede im Parlament. Die Abgeordneten dürfen weder dienstlich oder gerichtlich wegen Äußerungen im Plenum oder in einem Ausschuss gerichtlich verfolgt oder in sonstiger Weise zur Verantwortung gezogen werden. Ausgenommen von dieser Schutzregel sind die verleumderische Beleidigung und Äußerungen, die nicht in den parlamentarischen Gremien getätigt wurden. Auch wegen ihres Abstimmungsverhaltens in den parlamentarischen Gremien dürfen sie nicht belangt werden.
In Art. 59 der Landesverfassung ist für die Abgeordneten in Bezug auf ihre mandatsbezogene Arbeit ein Zeugnisverweigerungsrecht gewährleistet. Abgeordnete dürfen über Tatsachen, die sie in ihrer Funktion als Abgeordneter vertraulich erfahren haben und über diejenigen Personen, die ihnen etwas anvertraut haben, das Zeugnis verweigern. Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht nicht nur in Gerichtsverfahren, sondern in allen Fällen, in denen eine gesetzliche Aussagepflicht begründet ist, einschließlich des Verfahrens vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht auch nach dem Ende des Mandats fort.