Abgeordnete ziehen Bilanz der Regierungsarbeit seit 2019

Potsdam, 24. April 2024. Der Landtag hat eine vorläufige Bilanz der Regierungsarbeit in der laufenden Legislaturperiode gezogen. In einer Aktuellen Stunde zu Beginn der 105. Plenarsitzung debattierten die Abgeordneten auf Antrag der AfD-Fraktion zum Thema „Viereinhalb Jahre Kenia – ein Abriss“. Etliche Wortbeiträge waren dabei vom heraufziehenden Wahlkampf vor der Landtagswahl am 22. September geprägt.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Christoph Berndt fasste das Ergebnis der Legislaturperiode so zusammen: „Brandenburg geht es schlechter.“ Er wandte sich gegen Pläne auf Landes- und Bundesebene für eine Energiewende und einen wirtschaftlichen Strukturwandel. „Transformation bedeutet Verarmung und Entmündigung der Bürger“, sagte Berndt., Er kritisierte die Bildungs- und die Corona-Politik und warf der Koalition aus SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „falsche Versprechungen und Unaufrichtigkeit“ vor. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke habe eine „Überdosis Diktatur intus“, so der Abgeordnete. SPD-Fraktionschef Daniel Keller antwortete, die AfD trete alles mit Füßen, was die Menschen im Land über Jahrzehnte aufgebaut haben. „Wir sind stolz auf unser Brandenburg und die Menschen, die hier leben – Sie sind es nicht!“ Die Regierung habe die Familien gestärkt und entlastet, etwa bei den Kita-Beiträgen. In der Schulpolitik sei sie „auf einem guten Weg“, die Krankenhäuser erhielten mehr Geld als in jedem anderen Bundesland. Brandenburg habe sich „zu einem starken Wirtschaftsstandort entwickelt“, ergänzte Keller und schloss: Bei der Landtagswahl gehe es darum, ob eine Politik der Angst oder der Solidarität gemacht werde.

Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Sebastian Walter, bemängelte, die Leute hätten weniger Geld in der Tasche als vor einigen Jahren. „Das Wirtschaftswachstum hilft niemandem in diesem Land, wenn nicht gleichzeitig die Löhne steigen“, sagte er. Die so genannte Kenia-Koalition verkaufe mit ihrer Unterstützung für den Autohersteller Tesla die Zukunft einer Region zu Gunsten des „reichsten Mannes der Welt“, Elon Musk. Sie habe faktisch die Mietpreisbremse abgeschafft. Walter rief die Regierung auf, die verbleibende Zeit bis zur Wahl zu nutzen, um „Sicherheit im Wandel“ zu schaffen: „Sonst waren es fünf verlorene Jahre.“ Für die CDU-Fraktion kritisierte ihr Vorsitzender Dr. Jan Redmann sowohl die AfD wie auch die LINKE. Als Erfolge der Regierung in der ablaufenden Wahlperiode nannte er die Erhöhung der Zahl von Polizistinnen und Polizisten, die Stärkung der Justiz durch zusätzliche Richter und Staatsanwälte sowie den Zugverkehr: Dort habe es „die größte Fahrplanausweitung in der Geschichte des Landes“ gegeben. Außerdem seien in fast jedem Landkreis Brandenburgs neue Feuerwehrfahrzeuge eingetroffen, viele Investoren hätten sich angesiedelt oder ausgebaut. „Brandenburg braucht Realismus und Zuversicht“, hob Redmann abschließend hervor.

Der Vorsitzende der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER, Péter Vida, warf den Regierungsparteien vor, falsche Schwerpunkte zu setzen, etwa in der Verkehrspolitik. „Ein Land mit solchen Dimensionen braucht Straßen“, sagte er. Der Bau von Windrädern in Wäldern werde vorangetrieben „ohne Rücksicht auf Anwohner, Tier- und Pflanzenwelt“. Statt weiterer Millionen für den Flughafen BER sei „mehr Geld für kommunalen Schulbau“ nötig. Die CDU opfere in der Koalition ihre eigenen Überzeugungen, so Vida. Weil er eine Apfelsine zum Rednerpult mitbrachte, erhielt der Gruppenvorsitzende einen Ordnungsruf durch Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke. Der Ko-Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Benjamin Raschke, verglich im Rückblick die Politik der Koalition und die Vorschläge der AfD. Während die Regierungsparteien die Krisen von der Corona-Pandemie bis zu den Folgen des Ukraine-Krieges bewältigt hätten, habe die AfD „Angst geschürt und den Klimawandel geleugnet“. Während die Koalition Familien und Integration von Fachkräften stärke, sammele die AfD Geld für die millionenfache Vertreibung von Menschen. Mit Blick auf Spionage-Vorwürfe gegen AfD-Mitarbeiter sagte Raschke: „Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sie ist eine Alternative für Diktatoren.“

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke zog für die Landesregierung eine positive Bilanz. Brandenburg habe sich seit 2019 so gut entwickelt wie nie zuvor. Die Wirtschaft floriere, die Bevölkerung wachse und sei fast auf dem Stand von 1990, obwohl jahrelang sinkende Einwohnerzahlen prognostiziert wurden. Woidke lobte die Menschen „in Städten und Dörfern, die sich um die Gemeinschaft kümmern, die für Offenheit und Toleranz stehen“. Der AfD warf er hingegen vor, sie falle mit ihrer Verfassungsklage gegen das Brandenburg-Paket den Bürgerinnen und Bürgern in den Rücken und lehne nicht nur den Verfassungsschutz ab: „Sie haben ein Problem mit unserer Verfassung und mit unserem Grundgesetz.“ Ausdrücklich dankte der Regierungschef den Freien Wählern und der Fraktion DIE LINKE für ihren Beitrag zur guten Entwicklung des Landes als „demokratische Opposition“.

In einer Kurzintervention im Anschluss bezichtigte der AfD-Fraktionsvorsitzende Berndt den Ministerpräsidenten einer „angeborenen Unverschämtheit“. Woidke reagierte gelassen: Er verstehe, dass Berndt unter hohem Erwartungsdruck stehe und deshalb aufgeregter sei als sonst. In Brandenburg aber gehe es „um Freiheit, um Toleranz und auch um Anstand“. Im weiteren Verlauf der Debatte erhielt der AfD-Abgeordnete Dennis Hohloch einen Ordnungsruf, weil er Mitarbeitende des Verfassungsschutzes als „Schergen“ bezeichnet hatte. Anträge der AfD-Fraktion zu Kommunalfinanzen (Drucksache 7/9382) und zu Kleinstunternehmen (Drucksache 7/9528) wurden mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion am 24.04.2024.
Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion am 24.04.2024.
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